Vegane Ernährung als Fußballer - Yannick Gerhardt im BEANterview

In unserem ersten BEANterview dürfen wir unsere Fragen Yannick Gerhardt, Profi-Fußballer und Bundesligist beim VfL Wolfsburg stellen.


“Hallo Yannick! Großartig, dass du dir Zeit nimmst für ein paar Fragen! Stellst du dich einmal kurz vor?”

Hallo! Mein Name ist Yannick Gerhardt, ich bin 24 Jahre alt und spiele beim VfL Wolfsburg. Dort lebe jetzt auch seit 2 ½ Jahren. Gebürtig komme ich aus Würselen - aufgewachsen bin ich jedoch in Kreuzau, einem kleinen Ort zwischen Köln und Aachen. Zu meiner Fußballerlaufbahn: Im Alter von 9 Jahren bin ich zum 1. FC Köln gewechselt und habe dort alle Jugendmannschaften durchlaufen und spiele wie gesagt aktuell in der Bundesliga beim VfL Wolfsburg.


“Du ernährst dich ja vegan -  wie kam es dazu und welche Vorteile bringt dir diese Ernährungsform?”

Ja, das stimmt. Seit ungefähr 2 Jahren ernähre ich mich vegan. Es hat eigentlich alles damit angefangen, dass ich bei Netflix ein paar Dokus über Ernährung geschaut habe - zum Beispiel “What The Health”. Zur gleichen Zeit hat mein damaliger Mannschaftskamerad Daniel Didavi ein Buch gelesen, das sich mit der veganen Ernährung auseinander gesetzt hat. Damals haben wir dann einfach für uns beide entschieden, dass wir das mal ausprobieren wollen.

David hatte zu jener Zeit noch eine andere bzw. besondere Motivation. Er hatte zu dem Zeitpunkt sehr starke Knieprobleme und bereits vier Knieoperationen hinter sich. Die Ärzte haben ihm gesagt, dass er wahrscheinlich mit seiner Karriere aufhören muss, wenn es so weitergeht. Er hat dann für sich entschieden, dass diese Ernährungsumstellung für ihn vielleicht die letzte Möglichkeit ist, seine Profikarriere weiter fortführen zu können. So haben wir beide das dann anfangen.

Am Anfang war es für mich echt krass zu merken, dass ich mich einfach viel besser gefühlt habe. Ich war viel aktiver und hatte ein besseres Leistungsvermögen. Wenn ich dann mal einen “Cheatday” eingelegt habe und irgendwelche tierischen Produkte wie Käse, Milch oder Fleisch gegessen habe war ich total überrascht, dass mich das dann eher müde gemacht und runtergezogen hat. Damit hatte ich echt nicht gerechnet.

Am Anfang war das mit der Umstellung natürlich nicht so leicht, weil ich es zuvor schon gewohnt war dreimal täglich Fleisch oder Fisch zu essen - dennoch bereue ich meine Entscheidung bis heute nicht.


“Vegane Ernährung ist ja mittlerweile ein weit verbreiteter Trend. Welche Tipps hast du für Leute, die auf eine vegane Ernährung umsteigen möchten? Wie war deine Erfahrung in den ersten Wochen?”

Mein Tipp: Schaut euch einfach mal Dokus an oder informiert euch in Büchern. Die Motivation sich vegan zu ernähren kann ja unterschiedliche Ursachen haben. Zu Beginn war für mich der ethische Aspekt nicht so entscheidend, sondern der gesundheitliche. Jetzt, durch weitere Dokus, kommt für mich natürlich auch noch der ethische Aspekt dazu.

Generell bin ich der Meinung, dass jeder diese Entscheidung selbst treffen sollte und dann auch eine Ernährungsform wählen sollte, die für ihn oder sie passt. Leuten ein schlechtes Gewissen einzuredet oder sie zu zwingen bringt sowieso nichts.

Wer das Thema generell spannend findet, kann online jede Menge Informationen zu den Vorteilen finden - sowohl in Bezug auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit als auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Danach würde ich empfehlen den Fleischkonsum bzw. den Konsum von tierischen Produkten schrittweise einzuschränken und sich bewusster zu ernähren.

Am Anfang habe ich es zum Beispiel so gehandhabt, dass ich nur noch einmal in der Woche tierische Produkte zu mir genommen habe. Zu dem Zeitpunkt habe ich schon noch gemerkt, dass ich mich während der Umstellung immer auf diesen einen Tag gefreut habe. Als die Ernährungsumstellung jedoch immer selbstverständlicher wurde, brauchte ich diesen Tag dann auch nicht mehr.


“Bist du der Meinung, dass dich die vegane Ernährung auch im Profi-Fußball weitergebracht hat?”

Hier kann ich natürlich nur für mich sprechen. Ich bin auf jeden Fall davon überzeugt, dass ich mich gerade was Entzündungen und Verletzungsprävention betrifft auf jeden Fall verbessert habe. Wenn ich jetzt auf meine Anfangszeit als Profi zurückblicke, hatte ich damals immer wieder mit Krankheiten oder grippalen Infekten zu kämpfen.

Heute kann ich sagen, dass ich seit 2 Jahren quasi nicht mehr krank war - zum Glück! Auch von größeren Verletzungen - bis auf eine - bin ich seither verschont geblieben.

Ich habe für mich einfach gemerkt, dass der Veganismus die perfekte Ernährungsform ist.


“Veganismus und Sport sind eine Kombination, die sich für viele Menschen irgendwie ausschließt. Wie schätzt du die Entwicklung diesbezüglich ein?”

Natürlich merke ich, dass “vegan-sein” noch etwas Besonderes ist  - auch im Fußball oder im Sport allgemein. Man bekommt auch öfter mal einen blöden Kommentar von der Seite. Trotzdem stelle ich fest, dass wenn ich mich mit Personen länger unterhalte, diese das Thema und auch meine Motivation dahinter sehr spannend finden. Insofern ist die Entwicklung schon positiv.

Beim VFL Wolfsburg haben wir einen Koch, der mich in der veganen Ernährung komplett unterstützt. Interessant dabei ist, dass wenn er etwas kocht und das Essen explizit als “vegan” deklariert, die Spieler sich manchmal beschweren, warum es etwas Veganes zu essen gibt. Wenn er jedoch das gleiche Gericht nochmal anbietet und die Notiz weglässt, dann essen es auf einmal doch alle. Daran sieht man, dass viele Leute noch voreingenommen sind und Vorurteile der veganen Ernährung gegenüber haben - so war es bei mir am Anfang ja auch. Deswegen wünsche ich mir einfach, dass jeder einmal seine Vorurteile zu dem Thema hinterfragt.


“Auf welche Nährstoffe achtest du bei deiner Ernährung als Sportler insbesondere?”

Proteine sind für mich als Sportler schon sehr wichtig. Hier liegt auch der erste Kritikpunkt der meisten Leute: “Als Sportler brauchst du viel Protein - das bekommst du als Veganer doch gar nicht,  wenn du kein Fleisch oder Fisch isst!”

Allerdings habe ich für mich gemerkt, dass ich über Hülsenfrüchte, Reis und Gemüse wie z. B. Brokkoli und Erbsen meinen Proteinbedarf auch rein pflanzlich sehr gut decken kann. Zudem nehme ich noch ein veganes Proteinpulver zu mir.

Der beste Beweis: Wenn wir zum Beispiel eine englische Woche mit drei Spielen pro Woche haben, bin ich trotzdem vor jedem Spiel topfit und regeneriert. Das dürfte ein gutes Zeichen dafür sein, dass ich keinen Nährstoffmangel habe. Von daher bin ich mit meiner Ernährung derzeit sehr zufrieden.

Darüber hinaus ist Vitamin B12 natürlich auch ein Thema - das supplementiere ich einfach. Natürlich versuche ich alle Vitamine so gut wie möglich abzudecken, dazu gehört - in einer veganen Ernährung genau wie in einer Ernährung mit tierischen Produkten - viel Gemüse und Obst.


“Du verfügst ja über ein breites Sportler-Netzwerk und setzt dich auch privat für vegane Ernährung ein. Wie verbreitet ist Veganismus eigentlich unter Fußballern und anderen Sportlern bzw. wie oft wird darüber gesprochen?”

In meiner Mannschaft gibt es außer mir noch eine weitere Person, die sich vegan ernährt. Wir merken natürlich schon, dass wir die Minderheit sind, aber mittlerweile ist das auch anerkannt. Da fragt auch niemand mehr warum ich mich vegan ernähre. Ich denke aber auch, dass der Veganismus durch andere weltbekannte Sportler wie Lewis Hamilton oder Kyrie Irving positiv beeinflusst wird. Diese machen sich über ihre soziale Medien für vegane Ernährung stark und erreichen mit dieser Botschaft viele Menschen. Aus diesem Grund bin ich der Überzeugung, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der Veganismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.


“Vielen Dank für diese interessanten Einblicke Yannick! Wir wünschen dir eine torreiche Saison!”

Danke für das nette Gespräch.



Wie ihr gerade erfahren habt, kommen ein veganer Lifestyle und andere alternative Ernährungsformen immer mehr in der Mitte der Gesellschaft an. Low-Carb, Glutenfrei, High Protein, High Fiber - diese Themen werden für Menschen immer wichtiger. Genau aus diesem Grund gehören nährstoffreichen, rein pflanzlichen Lebensmitteln die Zukunft!